Die Anforderungen an die neue Dichtung waren hoch: Bei einem Druck von 120 bar und Drehzahlen von 261 Umdrehungen pro Minute sollte sie Drehmoment und Leckage auf ein Minimum beschränken. Zudem musste sie für einen Wechselbetrieb ausgelegt sein, da die RAM-Maschine zum Öffnen und Schließen der Reaktorröhren jeweils entgegengesetzt dreht. Nicht zuletzt sollte die neue Dichtung die größte Schwachstelle der bisherigen Komponenten ausmerzen und zuverlässig funktionieren. Bei einem Dichtungsversagen summieren sich die Kosten für den Betreiber durch Wartungsaufwände und entgangene Umsätze auf 500.000 bis zu einer Million Dollar pro Tag. Außerdem werden Wartungstechniker bei der Arbeit an der RAM-Maschine einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt.
Unerwartetes Problem erfordertwissenschaftliche Herangehensweise
Die Entwicklung der Gleitringdichtung konfrontierte die Ingenieure von EagleBurgmann mit einem unerwarteten Problem: „Unter bestimmten Umständen erhöhte sich nach mehreren Drehzyklen das Drehmoment der Dichtung signifikant – ein Verhalten, das wir im Voraus nicht erwartet hatten“, erläutert Jens Hofmann, Head of Technical Sales Support Pump Seals Power, Mining, Pulp & Paper, Water bei EagleBurgmann. Um dem sprunghaften Anstieg des Reibungswiderstands auf den Grund zu gehen, nahmen die Materialexperten von EagleBurgmann die atomaren Bindungskräfte zwischen den Gleitflächen genauer unter die Lupe. Dazu führten sie in Zusammenarbeit mit den Kollegen ihres Mutterkonzerns, der Freudenberg Gruppe, eine atomistische Simulation durch.
„Wir konnten beobachten, dass beim leckagefreien Betrieb ohne Medium zwischen den Gleitflächen Kaltverschweißungen zwischen einzelnen Kohlenstoffatomen auftraten. Die Gleitflächen wurden auf molekularer Ebene miteinander verzahnt“, erklärt Hofmann. Auf Basis dieser Erkenntnis tasteten sich die Experten mit weiteren Simulationen an die optimale Materialkombination heran. Letztlich wurde eine Materialpaarung aus einer kristallinen Diamantschicht und einer
Siliziumkarbid-Gleitfläche eingesetzt. „Diese Kombination reduziert Kaltschweißeffekte und sorgt für einen dauerhaft niedrigen Reibungswiderstand. Auch der Verschleiß an den Flächen reduziert sich durch die neue Werkstoffpaarung. Dadurch erhöht sich die Lebensdauer der Dichtung auf vier Jahre – fast fünfmal so lang wie mit den Vorgängerdichtungen“, führt Hofmann aus.